Ich bin hier, gelobe, dem Kalifen, Abu Bakr Al-Baghdadi zu gehorchen, was auch immer er mir befiehlt, auch wenn es zu meiner Abneigung wäre, und weiter zu tun, es sei denn, mir wird befohlen, etwas zu tun, von dem ich sicher weiß, dass es im Islam verboten ist. Ich gelobe auch, für den Islam zu arbeiten, um zu herrschen, zu urteilen und nach seinen Regeln beurteilt zu werden und hart zu arbeiten, bis der Islamische Staat gut etabliert und gegründet ist. Schließlich verspreche ich, mich aktiv am Dschihad gegen die Feinde Allahs zu beteiligen, so viel ich kann. Und zu jenen Ungläubigen, die die Moslems jeden Tag bombardieren, schwöre ich, dass wir sie jagen und sie wie Schweine für das töten, was sie mit diesen Moslems tun. Hast Du gedacht, dass das, was Du ihnen antust, ungestraft sein wird? Es gibt Massen von Moslems auf der ganzen Welt, die bereit sind, die Moslems zu rächen, die sie töten, und sie werden gerächt werden, denn wir sind stark und entschlossen, den Preis für ihre Handlungen gegen sie zu zahlen. Und ich fordere meine moslemischen Brüder und Schwestern auf der ganzen Welt auf, am Dschihad teilzunehmen und für die Dominanz dieser Religion zu kämpfen, so viel wie jeder von Euch kann. Wenn Du Deinen Brüdern nicht an den Frontlinien beitreten kannst, dann kämpfe für den Islam in Deinen Ländern. Und wenn sie in Europa leben, dann kämpfen sie gegen diese Schweine, jeder zu seinen eigenen Fähigkeiten. Möge Allah uns Erfolg in diesem Kampf geben. Ich verpflichte mich Allah und gelobe, so viel Blut zu vergießen, wie es für den Islam nötig ist. Ich bete für Allah, um mir den Weg zu ebnen, jene Ungläubigen zu töten, die den Islam und die Moslems bekämpfen.
Anis Amri in Berlin, übersetzt von „Daily Mail“.[1]
Vor zwei Monaten fuhr ein junger Muslim mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge, riss elf Menschen aus dem Leben und verletzte 55 weitere, teilweise lebensgefährlich. Zuvor tötete er den polnischen Lkw-Fahrer Lukasz U., machte noch ein Selfie und schrieb einem Glaubens- und Gesinnungsgenossen: „Mein Bruder, alles in Ordnung, so Gott will. Ich bin jetzt im Auto, bete für mich mein Bruder, bete für mich.“ Eine Debatte über die islamische Vernichtungsideologie, durch die dieser Mann jede menschliche Regung in sich abgetötet hat, um eines der ersten, man sollte meinen, universell geltenden Gebote der Zivilisation, „Du sollst nicht töten!“, hemmungslos zu überschreiten, blieb aus.
Das ist insofern nicht überraschend, als dass im kultursensiblen Deutschland der Islam bekanntlich mit wenig etwas zu tun hat und der Versuch, seine Ehre nach jeder Scheußlichkeit, welche die von ihm Überzeugten in die Welt setzen, wiederherzustellen, Teil des volksgemeinschaftlichen und keine Parteien mehr kennenden „Kampfes gegen rechts“ ist. Es verwundert dann allerdings doch dahingehend, dass die Tatsache, dass sich die Mordbrennerei des Dschihads nicht mehr auf Israel, Frankreich, Spanien oder Großbritannien beschränkt, sondern der eigene Leib durchaus in Gefahr ist, die Fähigkeit zur Erfahrung doch hätte beleben müssen, sodass der ideologische Schleier wenigstens temporär fällt. Die Debatte nach den Misshandlungen auf der Kölner Domplatte bewies zumindest, dass selbst hierzulande liberale Kritik sich bisweilen durchzusetzen vermag, insofern der Frage nach der Sozialisation der Täter nachgegangen wurde. So meldeten sich nicht nur Alice Schwarzer, sondern auch Zana Ramadani in der „Welt“ und bei Markus Lanz zu Wort, Kamel Daoud namensgebender Artikel über das sexuelle Elend in der arabischen Welt, der ursprünglich in Frankreich erschien, wurde für die „Faz“ übersetzt – am Ende der Debatte war vielen, vielleicht sogar den meisten klar, dass das islamische Frauenbild, wenn auch nicht das Geschlechterverhältnis, durchaus etwas mit den Übergriffen zu tun hatte. Vergleichbare Artikel oder Stimmen in den Polit-Talkshows waren nach dem Anschlag in Berlin allerdings nicht zu lesen bzw. zu hören. Eine gesellschaftliche Debatte über die Ideologie, in deren Namen gerade eine Blutspur durch die nicht zuletzt auch christliche Zivilisation gelegt wurde, als deren sympathisch-kommerzielles Symbol der Weihnachtsmarkt durchaus gelten kann, fand einfach nicht statt.
Das Elend der politischen Talkshows
In Maybritt Illners Sendung vom 20. Dezember wurde die Frage nach dem Islam erst überhaupt nicht gestellt, dafür aber die notorische Berufsmuslima Nemi al-Hassan eingeladen, die ihre Propaganda über einen von der Bundeszentrale für politische Bildung unterstützten Youtube-Kanal unter die Leute bringt. In den Clips der „Datteltäter“, deren Name allein schon die Opfer islamisch verstörter Menschenfeinde verhöhnt, darin allerdings wenigstens seinen Zweck als staatlich finanziertes Propagandaformat deutlich enthüllt, erzählt sie, die mal lächelnde, mal ganz ernst dreinschauende Unschuld, zum Beispiel von ihrem persönlichen Dschihad. Dieser bestehe darin, freundlich und im Dialog zu bleiben. Sie warnt vor Leuten, die vom „heiligen Krieg schwadronieren“, und meint damit nicht etwa die Dschihadisten selbst, sondern jene, die vor Anschlägen in U-Bahnen warnen und damit doch nur ihre „Vorurteile gegenüber einer ganzen Weltreligion“ zum Ausdruck bringen würden. Selbstverständlich schämt sie sich auch nicht, diese in die Nähe der Mörder selbst zu rücken. Für den bundesdeutschen Dialog der Kulturen lädt man also eine Befindlichkeitsdschihadistin ein, für die das Taharrush gamea der Kölner Silvesternacht Anlass dafür war, doch einmal über das deutsche Problem der Frauenfeindlichkeit zu reden, insofern etwa in Schulen Mädchen erzählt würde, sie seien schlecht in Mathematik.
Bei Markus Lanz kam man tatsächlich auf die Rolle des Islam zu sprechen. Zwar eröffnete der Gastgeber vernunftgemäß, man verdränge und vergesse, dass es, mit Betonung des Alters, sich bei den jüngeren islamistischen Taten um eine Vierzehnjährige in Hannover, die mit einem Messer einen Polizisten lebensgefährlich verletzte, und einen Zwölfjährigen Bombenbauer in Ludwigshafen handelte. Darauf folgte jedoch ein Trauerspiel, das gerade in seiner Niederträchtigkeit repräsentativ für die bundesdeutsche Debatte gelten kann und deshalb im Folgenden ausführlich resümiert werden soll: Statt nämlich der Vertiefung dieses Sachverhalts, dass offenbar schon Kinder anfällig für dschihadistische Indokrtination sind und es Gründe dafür geben könnte, die über entwicklungspsychologische hinausgehen, folgten die üblichen von Ideologie und Sozialisation reflexartig abstrahierenden Abwehrmanöver, entpolitisierende Psychopathologisierung und antiwestliche Viktimisierung. Den Part, das im Positivismus angelegte widerliche Potenzial zu entfalten, übernahm dabei der sogenannte Angstforscher Borwin Bandelow, der versicherte, es bei Islamisten mit krankhaften Narzissten zu tun zu haben: „Es geht um Macht, es geht nicht um Religion, das sind gottlose Menschen, die mit Religion eigentlich nichts am Hut haben“, um später dann, ohne es freilich zu bemerken, sich selbst zu widersprechen:
„Ich glaube, dass hinter jeder fanatischen Religion ein Problem steckt, das tief in unserem Gehirn ist, und zwar im sogenannten Belohnungssystem. […] Ich würde eben sagen, das eine Anzahl von Menschen, die ein Problem mit diesem Belohnungssystem haben, nämlich zu wenig an Endorphinen, dass die eben versuchen, diese Endorphine anzustacheln, indem sie entweder Frauen vergewaltigen oder kriminelle Handlungen begehen oder aber sich mit einer Bombe in die Luft sprengen. Das sind alles so narzisstische Handlungen, die der Gewinnung von Endorphinen gehören und dann kommt eben diese Religion, die einem das so leicht macht.“
Der IS wende sich an jene, die Opfer seien, bei denen, so Bandelow, bisher nicht viel war mit Belohnung, die keiner mag und keine Arbeit bekommen haben, weil sie anders aussehen. Mit Lkws in Menschenmengen rasen, so weiß der neurowissenschaftlich geschulte Positivist, der sein Brot auch als Sozialpädagoge missverstandener Neo-Nazis verdienen könnte, ist eine Antwort auf Diskriminierungserfahrungen. Was hier schon mitschwingt, dass die Gesellschaft am Islamismus doch selbst Schuld hat, eine Einsicht, die dieser Halbgebildete vorauseilend-einfühlend durch die Identifikation mit dem Täter erhält, wird von dem allen Ernstes als Nahostexperten eingeladenen Michael Lüder offen ausgesprochen. Der schreibt Bücher, die darüber belehren, dass wir vor dem Islam keine Angst haben müssen und dass reiche New Yorker Juden sowie Israel für den Irankonflikt verantwortlich zeichnen.[2] Da er als Funktionär der deutsch-arabischen Gesellschaft auch seine materiellen Interessen vertritt, überraschen solche Aussagen auch kaum. In der öffentlichen Debatte Deutschlands wird ein solcher Umstand aber nicht als Grund zur Befangenheit wahrgenommen, sondern dient dazu, nachdem gerade Menschen auf bestialische Weise ermordet wurden, zur Klärung dessen Expertenstatus zu erhalten. Für ihn ist entsprechend klar:
„Die Antwort liegt nicht in der Religion“, sondern in politisch-gesellschaftlichen Ursachen, eine Chiffre für unsere und die Schuld des Amis: „Natürlich sind wir ganz erheblich daran Schuld durch diese Kriege, die nicht wir, aber namentlich die Amerikaner unter George W. Bush geführt haben. […] Ich kann nicht als westliche Ordnungsmacht ein Land nach dem anderen zerstören, Millionen Menschen die Zukunft nehmen, ganze Staaten zerlegen in jeder Hinsicht […] aber die Grundidee durch militärische Intervention politische Ordnung schaffen zu wollen in den Ländern der islamischen Welt hat ein Desaster produziert, das wir nicht zuletzt durch diesen Terroranschlag in Berlin gewissermaßen als Spiegelbild vorgeführt bekommen. Es war ein fataler Fehler der Amerikaner diese Zerstörung anzurichten und wir in Europa zahlen dafür paradoxerweise den Preis. Die Amerikaner sind geschützt durch den Atlantik, aber wir haben jetzt sozusagen durch diese ganzen Kriege die Reaktion auszu[baden].“
Das hierin zum Ausdruck kommende Straf- bzw. Selbstgeißelungsbedürfnis verdient keinen Kommentar, wohl aber die Entgegnungen des in dieser Runde einzig Vernünftigen, Christoph Schwennicke vom „Cicero“. Dem stand die Hilflosigkeit ins Gesicht geschrieben, doch ließ er sich wenigstens nicht dumm machen von den über ihre Eigentlichkeitsideologie Verbrüderten, der auch noch der Terrorismusexperte Elmar Theveßen verfallen ist, wenn er vom Dschihadismus als einer im 13. und 14. Jahrhundert entstandenen Verfälschung spricht, die „nicht der Islam ist“.
Schwennicke beharrte völlig zurecht darauf, dass dieser sehr wohl mit dem unreformiert gebliebenen Islam zu tun habe, weshalb es auch kein Zufall sei, dass seit 2001 fast der gesamte Terror von Anhängern dieser einen Religion verbrochen wird, und im Christentum keine Jungfrauenorgien für heilige Kämpfer vorgesehen seien. Dass er dann auch noch die Dreistigkeit besaß, Samuel Huntingtons „Kampf der Kulturen“ (das im Englischen den weniger missverständlichen Titel „The Clash of Civilizations“ trägt[3]), zu erwähnen, dessen Thesen er nun bestätigt sieht, durfte natürlich nicht ungestraft bleiben, weshalb Theveßen dieses Buch in den Kontext einer islamfeindlichen Bewegung in Europa stellte, deren Speerpitze Breiviks Massaker gewesen sei.
Markus Lanz, der sich gegen jede Erfahrung mit den meisten Deutschen darin einig sein dürfte, dass es einen Generalverdacht gegenüber Muslimen geben würde, entgegnete dem Cicero-Autor, der dessen Existenz zurecht bezweifelte, mit einem entschlossensten „Ja!“, den gebe es! Nicht nur versichert er sich mit dieser deutschen Volksweisheit, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen, er plaudert auch seine eigene, durch Verdrängung der Problematisierung des Islam, in die Projektion des Generalverdachts mündende Befürchtung aus, dass die muslimische Sozialisation unter Umständen eben doch die Gefahr birgt, todesverliebte Kuffar-Hasser hervorzubringen, die ihm an den Kragen wollen. Wenigstens muss man Lanz zu Gute halten, dass er Schwennicke das letzte Wort überlies: „Nicht ich führe irgendeinen Kampf der Kulturen, sondern es sind Hassprediger, Salafisten […], die diesen Kampf der Kulturen führen und das ist eine Tatsache, der auch Sie ins Auge blicken müssen.“
Ferid Heider und die Datteltäter
Mehr als ein kleiner Hoffnungsschimmer war dies allerdings nicht. Zum ökumenischen Gottesdienst in der Berliner Gedächtniskirche lud man nämlich Ferid Heider von der Islamischen Gemeinde Deutschlands (IGD) ein, einen Islamisten, der „Erlaubtes und Verbotenes im Islam“[4] vom Holocaustbefürworter und Fernsehprediger Yusuf al-Qaradawi seinen Facebook-Followern zur Lektüre empfiehlt. In diesem Buch werden nicht nur das Schlagen und die Misshandlung der Frau gerechtfertigt, Homosexualität diffamiert und Juden als zum Betrug neigende Rasse bezeichnet, auch vom Dschihad ist die Rede. Dieser wird als „Kampf für Allahs Sache“ bezeichnet, die „so großen Verdienst im Islam bewirkt, daß der Verdienst dessen, der die ganze Nacht betet und den Tage lang fastet, nicht daran heranreicht.“ (S. 198) Es sei außerdem die Pflicht für die islamische Gemeinschaft, „ihre Streitmacht in höchstmöglichem Ausmaß aufzubauen, um sich zu verteidigen und die Feinde Allahs und des Islam auf Distanz zu halten.“ (S. 294) Wenn der Nichtmuslim gegen den Muslim kämpft, sei „Blutvergießen erlaubt“. (S. 275) Es gilt dieselbe Feindbestimmung, die auch Anis Amri leitete: „Gegnerschaft Allahs ist nicht bloß eine Glaubenssache, sondern schließt Feindschaft gegenüber Islam und Muslimen ein.“ (S. 289) Und weiter: „Der Islam erkennt keine andere Loyalität als die zu seiner Glaubenslehre an, keine andere Beziehung als die seiner Brüderlichkeit und keinerlei Unterscheidung zwischen den Menschen als auf der Grundlage zwischen Glaube und Unglaube. Der Ungläubige, der dem Islam gegenüber Feindschaft zeigt, selbst wenn es sich um einen Landsmann, Verwandten, oder sogar leiblichen Bruder handelt, ist ein Feind der Muslime.“ (S. 211)
Die Lehre dieses offenkundig äußerst moderaten Predigers, der Vorsitzender des European Council for Fatwa and Research in Dublin ist, wird von der IGD vertreten. Durch Heiders Einladung verhöhnte man die Opfer des Anschlags, denn seine Gemäßigtheit besteht lediglich darin, zur Affirmation des Terrors nicht fortzuschreiten. Dass solche Leute auch noch mit Unterstützung der Bundesregierung Vorträge zur Deradikalisierung junger Muslime halten dürfen (bei einem vom Zentralrat der Muslime organisierten Projekt namens „Safer Spaces“), zeugt von der wahnsinnigen Naivität, die umso unnötiger ist, als dass der Verfassungsschutz durchaus weiß, mit wem man es bei der IGD zu tun hat.[5]
Das bereits erwähnte Satire-Projekt „Datteltäter“ reiht sich in diese institutionalisierte Islam- und Islamismusverharmlosung nahtlos ein. Dort nahm man den Anschlag in Berlin zum Anlass, unter dem makabren Titel „Mein Erster Anschlag & Weihnachten!“ nicht etwa die Verfolgung von Menschen durch den Islam zu thematisieren; der Sprecher fürchte nicht den Terror an sich, nur „seine Folgen für unsere Gesellschaft und das Miteinander in diesem Land.“ Dass es mitnichten darum geht, irgendetwas aufzuklären, zeigt sich schon darin, dass im Video eine Zeichentrickfigur Hass-, Wut- und Angstgespenster bekämpft, die Rezipienten also überhaupt nicht als potentiell vernünftige Subjekte gesetzt sind, sondern als Kinder, denen in der Art der Sendung mit der Maus klar gemacht werden müsse, dass das Schlimmste am Terror die Verfolgung eines Berufsmuslims – als solchen bezeichnet er sich selbst – durch das Wort „Terror“ selbst ist: eine schamlose Täter-Opfer-Umkehr, welche die Empathielosigkeit und den Narzissmus bezeugt, mit denen dort die Opfer besser instrumentalisiert werden, als es der Rechtspopulismus je könnte.
Sozialisierung und das dschihadistische Ticket
Wer meint, dass es auch dann noch um ihn zu gehen hat, wenn einer seiner Glaubensbrüder einmal mehr ein Massaker angerichtet hat, der hat sich in einer Mischung aus Selbstviktimisierung und Narzissmus eingerichtet. Diese ist typischer Ausfluss islamischer Sozialisierung und in den Allmachtsfantasien eines Anris Amris, der sich in verfolgender Unschuld – der Islam werde ja vom Westen unterdrückt – ebenso zeigt, wie bei den vom deutschen Staatsantifaschismus sekundierten Datteltätern. In bester Eigentlichkeitsideologie spalten sie alles Schlechte ab und imaginieren einen unschuldigen, reinen Islam, auch deshalb weil, wie Ahmad Mansour konstatiert, viele Muslime das kritische Denken zu Hause nicht erlernt haben, das Gefühl haben, ihre Religion beschützen zu müssen, und die Ansichten der Eltern unhinterfragt übernehmen.[6]
Da es nicht erlaubt ist, die väterliche Autorität in Frage zu stellen, findet auch keine Islamkritik statt, die ohnehin einen Ehrverlust bedeuten würde: „Die eigene Ehre der Familie, des Clans und in umfassenderem Sinne der islamischen Gemeinschaft Umma, stellt das höchste zu beschützende Gut dar, das ein Mann zu bewahren hat.“[7] Dominanz, Stärke und die Bereitschaft zur Gewalt, um die Ehre wieder herzustellen, sind Teil des Männlichkeitsideals, die Fähigkeit zur Selbstkritik und zum Eingestehen von Schuld gehört zu diesem nicht. In der islamischen Gemeinschaft ist die verinnerlichte Instanz des Über-Ichs weitestgehend ersetzt durch die äußerlich bleibenden, in der Scharia kodifizierten Regeln:
„Da Ehre etwas äußerliches ist, gibt es kein Äquivalent zur christlich vermittelten Buße, kein Ritual gliedert denjenigen, der die Ehre beschmutzt hat wieder in die Gemeinschaft ein […]. Anders also als im Zivilisationsprozess in der westlichen Hemisphäre, der Freud zufolge vor allem als Sublimierung und Internalisierung äußerer Zwänge ablief, bleiben Ge- und Verbote in der islamischen Welt vornehmlich äußerlich.“[8]
Weil Ursachen für Missstände nicht im Wesen islamischer Vergesellschaftung gesucht werden dürfen, erscheint die islamische Gewalt also als etwas, deren Ursache auf den Westen, insbesondere die Juden projiziert wird. Dies erzeugt ein Weltbild, in dem die Muslime nur als Opfer vorkommen. Wo aber die Fähigkeit zur Selbstkritik nicht erworben wird und die Kränkungen und Widerstände der Welt durch Selbstreflexion nicht auf die eigene Verstricktheit in die gesellschaftliche Realität zurückgeführt werden, gerät die Welt zur Projektionsfläche der eigenen Innenwelt. Die pathische Projektion versetzt „das sprungbereite Innen ins Äußere und prägt noch das Vertrauteste als Feind. Regungen, die vom Subjekt als dessen eigene nicht durchgelassen werden und ihm doch eigen sind werden dem Objekt zugeschrieben: dem prospektiven Opfer.“[9]
Die daraus folgende Selbstviktimisierung korrespondiert mit dem ebenfalls in der Erziehung[10] erworbenen, übersteigerten Selbstbewusstsein, das in der Verhätschelung des muslimischen Jungen durch seine Mutter gründet. Während Borwin Bandelow bei Markus Lanz den Narzissmus naturalisiert und pathologisiert hatte, wäre er gerade als Ergebnis der Sozialisation zu verstehen. Die Religion reagiert keineswegs auf eine immer schon vorhandene Störung in einem ominösen Belohnungssystem, sondern zeichnet als familiäre Praxis für die Unfähigkeit, die Ansprüche der Welt mit den eigenen zu vermitteln, maßgeblich verantwortlich. Die aus dem Ausschluss der Mutter aus der Öffentlichkeit resultierende Kränkung kann sie kompensieren, insofern sie über den ihr zugestandenen direkten Zugriff auf die Kinder an der Macht der Gemeinschaft doch noch teilhaben kann: „Der narzisstische Missbrauch verhindert beim Knaben eine realistische Selbsteinschätzung. Er entwickelt Größenphantasien und das Bedürfnis nach Heldentaten“[11], scheitert mit ersteren jedoch an der überlegenen Autorität des Vaters. Kaum überbrückbar ist deshalb die „Kluft zwischen seinem omnipotenten Selbstbild und seiner tatsächlichen Ohnmacht gegenüber dem Vater als auch gegenüber den unbewussten Aggressionen der Mutter“[12], die sie gegen ihn als Verkörperung des Patriarchats und Erinnerung an ihre untergeordnete Stellung in diesem hegt. Zudem verweilt der Vater in einer Sphäre der Unnahbarkeit und hilft dem Jungen nicht dabei, ein realistisches Selbst- und Weltbild zu entwickeln. Es kommt nicht zur Introjektion des väterlichen Objekts, durch die seine Gebote als verinnerlichtes Gewissen sich manifestieren würden[13], sondern „vielmehr zu einer gleichgeschlechtlichen Bindung an den Vater, was eine Teilhabe an der Dominanz und Macht der Männerwelt ohne eine Infragestellung der väterlichen Macht verspricht.“[14] Dies bildet die Grundlage dafür, mit den Widerständen der Welt in Zukunft nicht reflektiert umzugehen, sondern projektiv-aggressiv gegen sie anzurennen.
Das dschihadistische Ticket bietet sich dann als die ultimative Krisenlösungsstrategie an. Mit der vollständigen Unterwerfung unter den Willen Allahs und der Aufopferung für die Ummah kommt der im Narzissmus angelegte Größenwahnsinn schließlich zu sich selbst. Die in diesem Märtyrerkult zum Ausdruck kommende Kultur des Todes ist dabei diametral zur christlichen Eschatologie, in der die Toten wieder auferstehen und der Tod in paradiesischer Versöhnung abgeschafft ist. Die ohnehin unter den sexuellen Verführungen der westlichen Welt zu leiden habenden islamisierten Männer, denen im islamischen, auf Triebverzicht beruhenden Realitätsprinzip keine Sublimierung gegönnt wird und deren Wut sich deshalb auf all jene richten kann, die außerhalb der rigiden Zwangsmoral stehen und ein an freier Partnerwahl, sexuellem Genuss und Liebe orientiertes Leben führen dürfen, erwarten in der dschihadistischen Aufopferung das auf dumpfe erste tierische Natur reduzierte Szenario, in dem der Trieb sich an der grenzenlosen Jungfrauenschändung entfesseln kann. Die schon in der Erziehung erzwungene Unterwerfung unter den leiblichen Vater, zu dessen Autorität man nicht gelernt hat, sich ins Verhältnis zu setzen, wiederholt sich im Dschihadismus auf mythologischer Ebene. Die auch im Alltagsislam abverlangte Unterwerfung unter die Gesetze Allahs, was die wörtliche Übersetzung von Islam darstellt, wird lediglich auf die Spitze getrieben, die konfligierenden moralischen Ansprüche im Einklang mit den zahlreichen zu Gewalt und Dschihad gegen Ungläubige aufrufenden Passagen im Koran zurückgewiesen. Im gewaltvollen Kampf gegen das Unislamische und der vollständigen Unterwerfung unter den Übervater erlangt das narzisstische, selbstviktimisierende und triebversagende Subjekt schließlich masochistische und in der Verfolgung seiner Opfer sadistische Befriedigung, die spezifischer Ausdruck des islamischen Patriarchats ist.
Antichristliche Ressentiments
So wie nach den Silvesterübergriffen das islamische Frauenbild diskutiert wurde, hätte man die Akzeptanz antiwestlicher Gewalt thematisieren können, die muslimische Erziehung oder die Verbreitung fundamentalistischer Ansichten auch unter deutschen Muslimen.[15] Ebenso hätten die erschreckenden Reaktionen auf den deutsch-islamischen Facebookseiten, die nur verwundern können, wen schon das massenhafte Feiern der Brände in Israel nicht angewidert hat[16], diskutiert werden müssen. Stattdessen hypostasieren nicht wenige die AfD als Wiederkehr des Nationalsozialismus, wobei es ja der Islamismus ist, der sich anschickt, in verwandelter Form in dessen Fußstapfen zu treten. Beiden Ideologien gemein ist die Feindlichkeit gegenüber dem Christentum, was mit Blick auf das Ziel des Anschlags auch hätte erörtert werden können.
Herbert Marcuse betonte in seinen Feindaufklärungen über die Deutschen, dass zu den Voraussetzungen des Nationalsozialismus die Abschaffung christlicher Zivilisation gehörte, die Befreiung von den „durch die christliche Zivilisation auferlegten Beschränkungen“[17], welche nicht in bloßer, so leicht zu veralbernder Religiosität aufgehen:
„Der Glaube, den die Nazis zerstörten, um an dessen Stelle ihr eigenes System zu errichten, ist nicht in erster Linie religiöser Natur. Es ist der Glaube an die Normen und Werte der christlichen Zivilisation, insofern sie keinen unmittelbaren ‚Kaufwert’ besitzen, das heißt, nicht durch das tatsächliche Verhalten von Individuen, Gruppen und Nationen verwirklicht worden sind. In diese Kategorie gehören nicht nur die höchsten Dogmen des Christentums, sondern auch die anerkannten Grundsätze der säkularen Ethik, Geschäftsmoral und Politik.“[18]
Irritierend dürfte auf viele, sich der Kritischen Theorie verpflichtet fühlende Linke wirken, dass Marcuse die „Abschaffung des Glaubens“, an der sie sich engagiert beteiligen, als „wahrscheinlich die gefährlichste Errungenschaft des Nationalsozialismus“[19] bezeichnete. Auch die an der Religion zu rettende und viel zitierte „Sehnsucht nach dem ganz Anderen“ reduziert sich keineswegs auf das kommunistische Bilderverbot, sondern schließt, so Horkheimer, auch die Moral mit ein:
„Alle Versuche, die Moral anstatt durch den Hinblick auf ein Jenseits auf irdische Klugheit zu begründen […] beruhen auf harmonistischen Illusionen. Alles, was mit Moral zusammenhängt, geht letzten Endes auf Theologie zurück, alle Moral, zumindest in den westlichen Ländern gründet in Theologie […].“[20]
Während christliche Deutsche, die sich zu Nationalsozialisten machten, ihr Christentum tatsächlich pervertieren mussten, da die christliche Morallehre, die Egalität der Menschen, die Gewaltfreiheit und Feindesliebe, mit der völkischen Entfesselung der Triebe zu Gunsten der Volksgemeinschaft und antisemitischer Rassenhierarchie nicht vereinbar sind, müssen moderate Moslems ihre Religion nur verlängern, um sie in Richtung vollendeter Barbarei zu treiben. Das Tötungsverbot beispielsweise, das freilich im Widerspruch zur historischen christlichen Praxis steht, deren spezifisch christlicher Antijudaismus bzw. Antisemitismus gar nicht ausgeblendet werden sollen, kennt der Islam nicht:
„[A]nders als im Christentum oder Judentum verbietet der Islam nicht prinzipiell das Töten anderer Menschen, sondern legt fest, in welchen Fällen das Töten erlaubt ist. So können auch heute unzählige Fatwas verabschiedet werden, die selbst das Töten von Kleinkindern, ja schwangeren Frauen gutheißen oder gar zur Pflicht erheben. Viele der Massaker, die in der islamischen Geschichte Legion sind, verstießen keineswegs gegen religiöse Vorschriften und brauchten deshalb weder verheimlicht noch zumindest gerechtfertigt werden.“[21]
Wer klären möchte, warum auf einen Breivik so viele Amris kommen, dürfte diesen fundamentalen Widerspruch zwischen christlicher und islamischer Morallehre nicht ausblenden, den auch Horkheimer betonte, wenn er den Geist des Christentums zum einen von christlicher Praxis und zum Anderen vom Islam abgrenzte:
„Der Islam, den Schopenhauer deshalb haßte, weil er dem kollektiven Fanatismus, der brutalen Positivität unter allen Religionen am weitesten entgegenkam, entspricht dem Erwachen wilder Völkerstämme besser als die Religion des Kreuzes, deren Aufbrüche ihrem Wort und Geist seit je zuwider waren. Nicht die ‚Praxis ihrer Bekenner’, nämlich der europäischen Völker, die in der Geschichte ein dunkles Kapitel bildet, sondern die Moral ihrer Lehre ist nach Schopenhauer ‚viel höherer Art als die der übrigen Religionen, die jemals in Europa aufgetreten sind’. Der Islam dagegen fordert wenig von seinen Bekehrten und ist für Eroberung. Die Übereinstimmung von Theorie und Praxis überzeugt die Eingeborenen. Sie wollen endlich auf der Welt Karriere machen.“[22]
So zeigt sich in der vormodernen Barbarei des IS dieser unbedingte Wille zum Schlussmachen mit allen Beschränkungen. Sama Maani stellt die richtige Frage nach einer „Umkehr des Zivilisationsprozesses“, die nur mit Hilfe der Geschichtsphilosophie gedeutet werden könne.
„Heute, hundert Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs, werden wieder grundlegende zivilisatorische Normen über Bord geworfen. In den 1930er Jahren gingen junge Menschen aus aller Welt nach Spanien, um dort gegen die von Mussoloni und Hitler unterstützten Faschisten zu kämpfen. Heute gehen junge Menschen aus aller Welt in den Irak, um in einem Religionskrieg Andersgläubige abzuschlachten und deren Heiligtümer zu zerstören.“[23]
Es ist kein Zufall, dass die Ächtung des Christentums zumeist im Verbund mit Islamapologie und Israelhass daherkommt. So wie der Nationalsozialismus das Christentum ablehnte, es daher zum deutschen pervertierte und den Islam als kämpferische Religion zu schätzen wusste, wiederholt sich heutzutage im Dreiklang von Antisemitismus, Islamapologie und der Ächtung des Christentums das Ressentiment gegenüber Zivilisation überhaupt. Es zielt wesentlich auf die älteste Gesetzes-, die jüdische Religion, welche den Mäßigung verlangenden Gesetzesgott „später auch in den christlichen (und in besonders verzerrter Form den islamischen) Ländern aufzurichten verhalf.“[24] Im Schweigen über die Täterideologie drückt sich die Verdrängung dieser Rebellion aus, die zwar auch, aber keineswegs ausschließlich als gegen die kapitalistische Moderne gerichtete bestimmt werden kann, insofern es sich bei den „Erscheinungsweisen des politischen Islam – buchstäblich, nicht nur metaphorisch – um die Widerkehr einer barbarischen Vorzeit handelt.“[25]
Sublimierung statt Unterdrückung der Affekte
Statt aber dem antizivilisatorischen Furor Anis Amris nachzugehen und ihn in seinen Möglichkeitsbedingungen zu reflektieren, witzelte beispielsweise die „Titanic“ kurz nach dem Anschlag darüber, dass die AfD sich nun über diesen freuen würde. Wer vor der Reflexion der Sache schon ins politische Tagesgeschäft übergegangen ist, wer, unfähig zur Besinnung, sich unmittelbar und zwanghaft seine strategischen Überlegungen im „Kampf gegen rechts“ macht, der steht denjenigen in seiner Empathie- und Erfahrungslosigkeit in nichts nach, denen die Toten im Mittelmeer gleichgültig sind und offenbart sich als die andere Seite derselben Medaille. Das Leid berührt einen derart Abgestumpften deswegen nicht mehr, weil er seine eigene Gesellschaft so sehr verachtet, dass er ihren Bürgern nicht erlaubt, Opfer zu werden und deshalb sofort als Ersatzhandlung neue Täter in ihr sucht.
Weil eine wesentliche Gefahr vom Islam ausgeht, dessen rücksichtslose Kritik jedoch unterm Tabu steht, sucht sich der Selbsterhaltungstrieb ein Ersatzobjekt, auf das sich alle einigen können, den Rechtspopulismus, währenddessen die Identifikation mit dem Aggressor mehr und mehr vollzogen wird. Exemplarisch zeigte sich dies auf einer im Januar in Berlin durchgeführten Demonstration gegen Donald Trump, wo schließlich „Allahu Akbar“ gerufen wurde, und auf dem Women’s March, der von der Schariaapologetin Linda Sarsour mit organisiert wurde und als Symbol eine Synthese aus Kopftuch und amerikanischer Flagge hervorbrachte. Statt dieser „Ersatzhandlungen, welche den Trieb für das Verbot entschädigen“[26] bedürfte es der Sublimierung des Hasses und der Angst, beides natürliche Affekte nach Anschlägen, und nicht deren Unterdrückung (durch Beschwichtigung, Relativierung und Volkspädagogik) bzw. Umlenkung auf den projektiv völlig verzerrten, wenngleich natürlich durchaus gefährlichen Rechtspopulismus. Denn fehlende Sublimierung birgt immer die Gefahr des unvermittelten und irrationalen Ausbruchs und kann dabei an bestehende fremdenfeindliche Ressentiments anknüpfen.
In den Tagen nach dem Anschlag hörte man Journalisten ständig erklären, es gehe den Terroristen darum, Angst zu verbreiten und die gesellschaftlichen Gruppen zu spalten. Das ist zwar nicht völlig falsch, doch ist in erster Linie einer Projektionsleistung geschuldet. Weil man es selbst mit der Angst zu tun bekommt, erklärt man die Herbeiführung dieser zum Ziel des Dschihads. Weil man sich selbst als Teil des multikulturellen Deutschlands empfindet, bestimmt man dessen Spaltung zum Ziel des Islamismus. Dabei wird verkannt, dass der Terror nicht bloßes Mittel ist, sondern seinen Zweck in sich selbst trägt, die Vernichtung der Feinde. Auch deswegen wäre die angemessene Antwort auf die Toten nicht kitschige ökumenische Symbolik, sondern diesen Krieg, den der Westen nicht begonnen hat, auch zu führen. Und zwar auch für die Toten des 19. Dezembers 2016, die man noch nicht einmal als die Individuen, die sie einmal waren, angemessen hat betrauern können. Deshalb hätte zu gelten: Kein Vergeben, kein Vergessen.
von Felix Perrefort
[1] https://www.youtube.com/watch?v=y5oAMfPrDa4 und: http://www.dailymail.co.uk/news/article-4061096/Berlin-market-killer-Anis-Amri-shot-dead-Italy-Milan-police.html.
[2] „Der Krieg gegen den Iran ist in erster Linie Israels Krieg. Israels Führung und die Israel-Lobby wollen ihn.“ Siehe hierzu Matthias Küntzels Artikel: https://publikative.org/2012/07/04/michael-luders-und-die-reichen-new-yorker-juden/.
[3] In dem Buch wird weder heroisch-apokalyptisch zum Kulturkampf aufgerufen, noch wird Kultur nach deutscher Art verherrlicht. Dass es nicht als liberale, sondern rechte Publikation wahrgenommen wird, dürfte auch an dem von Huntington selbst zurückgewiesen, spezifisch deutschen Kultur- und Zivilisationsbegriff liegen, mit dem der Titel rezipiert wird: „Zweitens ist eine Zivilisation eine kulturelle Größe, außer im deutschen Sprachgebrauch. Deutsche Denker des 19. Jahrhunderts unterschieden streng zwischen Zivilisation, wozu Mechanik, Technik und materielle Faktoren zählten, und Kultur, wozu Werte, Ideale und die höheren geistigen, künstlerischen, sittlichen Eigenschaften einer Gesellschaft zählten. Diese Unterscheidung hat sich im deutschen Denken behauptet, während sie ansonsten abgelehnt wird. […] Die angestrebte Unterscheidung zwischen Kultur und Zivilisation hat sich jedenfalls nicht durchgesetzt, und außerhalb Deutschlands ist man sich mit Bernand Braudel weitestgehend einig, daß es illusorisch wäre, „die Kultur nach Art der Deutschen von ihrer Grundlage, der Zivilisation, trennen zu wollen“. Samuel Huntington: Der Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert, 5. Aufl., München, Wien 1996, S. 51.
[4] http://www.lichtwort.de/_books/erlaubtes_und_verbotenes.pdf.
[5] http://www.verfassungsschutz-bw.de/,Lde/1946019.
[6] Vgl. Mansour, zit. n. Georg M. Hafner, Esther Schapira: Israel ist an allem Schuld. Warum der Judenstaat so gehasst wird, Köln 2015, S. 79f.
[7] Christian Knoop, Thomas v. d. Osten-Sacken: Zur Psychopathologie des Islamisten, in: Context XXI/2005. Auch online: http://www.wadinet.de/analyse/iraq/psychopathologiedesislamisten.htm
[8] Ebd.
[9] Max Horkheimer, Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente, Frankfurt a. M. 2012, S. 196.
[10] Vgl. zu den folgenden Ausführungen den Text der Gruppe Morgenthau zur „Sozialpsychologie des islamisierten Subjekts“ und zwar den Abschnitt „Individualität und Unterwerfung“. http://www.prodomo-online.org/ausgabe-14/archiv/artikel/n/die-nacht-der-vernunft.html
[11] Ebd., S. 40.
[12] Ebd.
[13] Als idealtypisches Gegenstück kann die westliche Erziehung allerdings keineswegs gelten. Um die Herausbildung des Gewissens ist es im postbürgerlichen Zeitalter nicht unbedingt gut bestellt. Horkheimer verwies auf die Bedeutung der Auflösung der väterlichen Autorität: „Durch die zahlreichen soziologischen, psychologischen und technischen Veränderungen insbesondere der bürgerlichen Familie […] ist doch die Autorität des Vaters erschüttert. Daraus, so glaube ich, ergeben sich große Konsequenzen. Spielt das Gewissen, da die Autorität des Vaters nicht mehr dieselbe ist wie früher, eine andere Rolle? Oder kann es sich überhaupt nicht mehr herausbilden? Das sind Fragen, die heute überhaupt nicht mehr untersuchten werden. Ich glaube, aufgrund des Umstandes, daß die Familie heute nicht mehr die Bedeutung hat wie früher, wird unser gesellschaftliches Leben ganz entscheidend verändert. Eines scheint in jedem Fall klar zu sein, daß der Zusammenbruch des Vater-Mythos, ohne auch nur einigermaßen entsprechenden Ersatz, die Existenz des Gewissens als gesellschaftliches Phänomen in Frage stellt.“ Horkheimer, Die Sehnsucht nach dem ganz Anderen, in: Ders.: Gesammelte Schriften, Bd. 7, Vorträge und Aufzeichnungen 1949-1973, S. 399f. Es stünde auch zu vermuten, dass das westliche Phänomen, die Schuld für globale Missstände stets beim Westen zu suchen, mit der Auflösung der väterlichen Autorität zusammenhängt. Dazu sei auf eine Fußnote in „Das Unbehagen in der Kultur“ verwiesen, in der Freud bemerkt, dass eine zu nachlässige Erziehung seitens des Vaters „Anlaß zur Bildung eines überstrengen Über-Ichs werden“ kann. Sigmund Freud: Das Unbehagen in der Kultur, in: Ders.: Gesammelte Werke, Köln 2014, S. 929.
[14] Ebd., S. 41.
[15] Beispielsweise besitzen 44 % der marokkanischen und türkischen Muslime in Deutschland, Frankreich, Niederlanden, Belgien, Österreich und Schweden fundamentalistische Ansichten, nach denen es nur eine für alle Muslime verbindliche Auslegung des Korans gebe, man zu den Wurzeln des Islam zurückkehren und religiöse Regeln Vorrang vor dem weltlichen Gesetz haben. 47% der deutschen Muslime halten den Koran für wichtiger als die deutschen Gesetze, 45% stimmen zu, dass Juden nicht getraut werden könne, und 60% lehnen Homosexuelle als Freunde ab. https://www.wzb.eu/sites/default/files/u252/s21-25_koopmans.pdf In Großbritannien stimmten 100% der Befragten einer Umfrage zu, dass Homosexualität moralisch falsch sei[15], und 52% sie gleich illegalisieren möchten. https://www.theguardian.com/uk/2009/may/07/muslims-britain-france-germany-homosexuality und http://edition.cnn.com/2016/04/11/europe/britain-muslims-survey/.
[16] Siehe hier zu die Zusammenstellung von Kommentaren von Gerd Buurmann: https://tapferimnirgendwo.com/2016/11/25/stell-dir-vor-es-ist-terror-und-der-mob-feiert/.
[17] Vgl. das Kapitel zur „Abschaffung des Glaubens“ in: Herbert Marcuse: Feindanalysen. Über die Deutschen, Lüneburg 1998, S. 43-46, hier S. 42 und außerdem: Leo Elser: Religionskritik und Ressentiment. Die Austreibung der Transzendenz wider alle Vernunft, in: Bahamas 61/2011. Auch online: http://www.redaktion-bahamas.org/auswahl/web61-2.html.
[18] Marcuse, Feindanalysen, a. a. O., S. 43.
[19] Ebd, S. 42.
[20] Horkheimer, Die Sehnsucht nach dem ganz Anderen, a. a. O, S. 389.
[21] Knoop, Osten-Sacken, Zur Psychopathologie des Islamisten, a. a. O.
[22] Max Horkheimer: Die Aktualität Schopenhauers, a. a. O., S. 141f.
[23] Sama Maani: Respektverweigerung. Warum wir fremde Kulturen nicht respektieren sollten. Und die eigene auch nicht. Klagenfurt/Celovez 2015, S. 103.
[24] Uli Krug: Der Wert und das Es. Über Marxismus und Psychoanalyse in Zeiten sexueller Konterrevolution, Wien 2016, S. 92.
[25] Maani, Respektverweigerung, a. a. O., S. 107.
[26] Sigmund Freud: Totem und Tabu, a. a. O., S. 640.